Interview mit Orli Shahidi, Major Account Managerin
WIT: Hallo, Orli, bitte erzähle uns doch einmal kurz von dir persönlich.
Orli: Ich bin Orli, 44 Jahre alt, Mutter von zwei Teenager Töchtern. Beruflich dreht sich bei mir alles um Cyber Security – privat liebe ich Reisen, gutes Essen, Sport und Zeit mit der Familie und Freunden zu verbringen. Neben meinem Verlobten und den beiden Kindern gehören noch unser Dobermann Nero, unsere Katze Grayce sowie die beiden Konrnattern meiner großen Tochter Amber & Adon und der Zwergbartagame Fred meiner jüngsten Tochter zu unserem bunten Haufen.
WIT: Was machst du beruflich?
Orli: Ich arbeite als Major Account Managerin im Enterprise-Team bei Fortinet. Dort betreue ich einige der größten Unternehmen in Deutschland und unterstütze sie dabei, ihre Cyber Security-Strategien erfolgreich umzusetzen. Mich begeistert es, an der Schnittstelle von Technologie und Business zu arbeiten und Unternehmen dabei zu unterstützen, sich gegen Cyber-Bedrohungen zu schützen. Gleichzeitig ist es mir wichtig, Frauen in der Tech-Welt sichtbar zu machen – sei es durch meinen eigenen Weg in der IT-Security oder durch private Projekte.
WIT: Was genau versteckt sich hinter deiner Berufsbezeichnung?
Orli: Man kann sich meinen Job so vorstellen: Ich bin die Schnittstelle zwischen den komplexen Technologien, die wir bei Fortinet entwickeln, und den Unternehmen, die genau diese Lösungen brauchen. Ich höre meinen Kunden zu, verstehe ihre Probleme – und helfe ihnen, aus dem riesigen Security-Baukasten die passende Lösung zusammenzustellen. Ich bin also Ansprechpartnerin für Entscheidungsträger, bringe Experten zusammen und begleite Unternehmen dabei, sich gegen immer komplexere Cyber Angriffe zu wappnen. Am Ende geht’s darum, dass sie nachts ruhiger schlafen können, weil ihre IT geschützt ist. Was mich daran reizt: Ich habe die Chance, aktiv Zukunft zu gestalten – denn ohne IT-Security funktioniert heute kein Business mehr.
WIT: Wie bist du dazu gekommen, einen technischen Beruf zu wählen?
Orli: Ich habe mich für die Tech-Branche entschieden, weil sie voller Chancen steckt – und weil es mir wichtig ist, als Frau auch hier sichtbar zu sein. Anfangs bin ich eher zufällig in die IT gekommen, aber je tiefer ich eingestiegen bin, desto mehr habe ich gemerkt: Technologie ist nicht abstrakt, sondern sehr menschlich. Cyber Security zum Beispiel bedeutet, Menschen und Unternehmen zu schützen. Und genau das hat mich gepackt.
WIT: Wer oder was hat dich am meisten inspiriert, einen technischen Beruf zu wählen?
Orli: Ehrlich gesagt hatte ich keine weiblichen Vorbilder, die mir den Weg gezeigt haben. Mich inspiriert bis heute der Gedanke, dass Technologie die Zukunft gestaltet – und dass wir mit Cyber Security einen echten Beitrag leisten können, um Menschen und Unternehmen zu schützen. Zusätzlich treibt mich meine Rolle als Mutter an: Ich möchte meinen Kindern vorleben, dass man alles erreichen kann, auch in einer Branche, die noch immer stark männerdominiert ist.
WIT: Hat dich Technologie und/oder Programmieren schon immer interessiert?
Orli: Technologie hat mich schon immer begeistert – ich gehöre zur Generation, die all diese Sprünge miterlebt hat: vom Plattenspieler zum MP3-Player, von der Telefonzelle über den Scall bis hin zum ersten Handy. In der Schule haben wir schon Computer genutzt, und das Internet für mich zu entdecken, war ein echtes Erlebnis. Aber: Ich war nie eine ‚Technikerin‘ und habe auch nie Programmieren gelernt. Mein Zugang zu IT und Cyber Security war immer der Zufall und die Neugier, wie Technologie unser Leben verändert – und darüber, dass ich gut darin bin, komplexe Themen für andere greifbar zu machen.
WIT: Haben deine Eltern und Lehrer deine Vorliebe und dein Interesse für Technik gefördert?
Orli: Nein, tatsächlich überhaupt nicht. Weder meine Eltern noch meine Lehrer haben mich in Richtung Technik gefördert – das war damals auch gar nicht so präsent, vor allem nicht für Mädchen. Mein Interesse an Technologie kam eher von mir selbst, aus der Faszination für all die Entwicklungen, die ich live miterleben durfte. Ich habe mir vieles selbst angeeignet und meinen eigenen Weg in die Tech-Welt gefunden – auch ohne technischen Background. Im Rückblick war das vielleicht sogar ein Vorteil, weil ich immer die Brücke schlagen musste zwischen Technik und Menschen.
WIT: Was gefällt dir an deiner Tätigkeit am meisten?
Orli: Am meisten gefällt mir, dass meine Arbeit wirklich einen Unterschied macht. Ich helfe Unternehmen dabei, sich gegen Cyber Angriffe zu schützen und damit ihre Zukunft zu sichern. Gleichzeitig ist mein Job unglaublich abwechslungsreich: Ich habe mit ganz unterschiedlichen Menschen zu tun, lerne ständig Neues und darf komplexe technische Themen so übersetzen, dass sie für meine Kunden verständlich und nutzbar werden. Dieser Mix aus Technologie, Kommunikation und Wirkung macht meine Tätigkeit für mich so spannend.
WIT: Was ist für dich das Schönste an deinem Arbeitsalltag?
Orli: Das Schönste an meinem Arbeitsalltag sind die Menschen. Ich arbeite mit ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten – von IT-Spezialisten bis zu Vorständen – und genau dieser Austausch macht meinen Job so spannend. Mir gefällt es, zuzuhören, die individuellen Herausforderungen zu verstehen und dann gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Besonders erfüllend ist es, wenn aus einer rein geschäftlichen Beziehung eine echte Vertrauensbasis entsteht. Wenn Kunden mir sagen: ‚Dank dir fühlen wir uns sicherer‘, dann weiß ich, dass ich nicht nur Technologie verkaufe, sondern Beziehungen aufbaue und einen echten Unterschied für Menschen und Unternehmen mache.
WIT: Wo findet man dich in der Freizeit am ehesten?
Orli: In meiner Freizeit findet man mich am ehesten in der Küche beim Kochen, beim Sport oder zusammen mit Freunden und meiner Familie bei einem guten Essen. Für mich ist das die perfekte Mischung aus Aktivsein, Genuss und Gemeinschaft.
WIT: Welche Botschaft möchtest du Frauen oder Mädchen mitgeben, die sich für Technik interessieren?
Orli: Meine Botschaft ist: Habt keine Angst vor der Technik. Man muss weder programmieren können noch von Anfang an die totale Expertin sein. Ich selbst bin keine Technikerin und habe nie Programmieren gelernt – und trotzdem habe ich meinen Platz in der IT-Security gefunden. Neugier, Lernbereitschaft und der Mut, Fragen zu stellen, bringen euch unglaublich weit. Und vor allem: Es ist völlig okay, Fehler zu machen. Wichtig ist nicht, dass man nie hinfällt, sondern dass man wieder aufsteht und weitermacht. Technik ist kein Männer-Thema. Es ist ein Zukunftsthema – und genau deshalb brauchen wir Frauen in der Tech-Welt. Bringt eure Stärken ein, egal ob analytisch, kreativ oder kommunikativ. Die Branche ist vielfältig, und es gibt Platz für jede, die neugierig ist und etwas bewegen will.
WIT: Welchen Ratschlag verfolgst du bis heute?
Orli: Ein Leitsatz, der mich bis heute begleitet, ist: She believed she could, so she did. Für mich steckt darin alles – der Glaube an sich selbst, die Entschlossenheit, dranzubleiben, auch wenn es schwierig wird, und die innere Überzeugung, dass man seinen eigenen Weg gehen kann. Genau dieses Mindset hat mir immer wieder geholfen, Herausforderungen anzunehmen und Dinge umzusetzen, die vielleicht auf den ersten Blick unmöglich schienen.
WIT: Welchen Herausforderungen begegnest du speziell als Frau in deinem Beruf?
Orli: Die größte Herausforderung ist, dass die Branche noch immer männerdominiert ist und man sich manchmal doppelt behaupten muss. Aber genau darin sehe ich auch eine Chance: sichtbar zu sein, Vorurteile aufzubrechen und anderen Frauen den Weg ein Stück leichter zu machen.
WIT: Welche Tipps hast du für Bewerbungsgespräche für technische Positionen?
Orli: Mein wichtigster Tipp ist: Geht selbstbewusst ins Gespräch. Niemand erwartet, dass ihr schon alles könnt – wichtiger ist, dass ihr neugierig seid, Lernbereitschaft zeigt und offen Fragen stellt. Bereitet euch gut vor: Informiert euch über das Unternehmen, über die Rolle und über aktuelle Trends in der Branche. Und vor allem: Versteckt nicht eure Stärken – auch wenn sie nicht rein technisch sind. Kommunikationsfähigkeit, Kreativität oder analytisches Denken sind genauso wichtig wie reines Fachwissen. Und last but not least: Seid ihr selbst. Authentizität überzeugt mehr als ein auswendig gelerntes Skript.
WIT: Frauen in technischen Berufen sind ja leider noch eine Minderheit. Was sind deine Gedanken zu diesem Thema?
Orli: Es stimmt, Frauen sind in technischen Berufen noch eine Minderheit – gerade in der IT-Security. Das bedeutet manchmal, dass man sich stärker behaupten muss oder auch Vorurteile spürt. Gleichzeitig sehe ich aber eine riesige Chance: Die Branche ist im Wandel, und Vielfalt wird immer wichtiger. Unterschiedliche Perspektiven machen Teams erfolgreicher – und genau deshalb brauchen wir mehr Frauen in Tech. Für mich persönlich ist es ein Ansporn, sichtbar zu sein und andere Frauen zu ermutigen, ihren Weg in die Branche zu gehen. Denn je mehr wir werden, desto normaler wird es – und genau dahin müssen wir kommen.
WIT: Was verbindet dich mit Frauen in der Technik?
Orli: Was mich mit Frauen in der Technik verbindet, ist vor allem die gemeinsame Erfahrung, in einer männerdominierten Branche unseren Platz zu behaupten. Viele von uns kennen das Gefühl, manchmal unterschätzt zu werden – und genau daraus entsteht auch eine besondere Stärke. Wir wissen, dass wir uns durchsetzen können, dass wir andere Perspektiven einbringen und dass wir Rollenbilder verändern. Dieses Gefühl von gegenseitigem Verständnis und Unterstützung ist etwas, das uns verbindet und das ich sehr schätze.
WIT: Bitte beschreibe eine herausfordernde Situation, der du in deinem Beruf in der Vergangenheit begegnet bist.
Orli: Eine herausfordernde Situation war, als ich ein Projekt mit einem großen Kunden übernommen habe, der sehr skeptisch gegenüber Veränderungen war. Die Entscheider hatten bereits seit Jahren mit einem Wettbewerber gearbeitet, und ich war die ‚Neue‘, die sie von etwas anderem überzeugen sollte. Anfangs wurde ich kaum ernst genommen – noch dazu, weil ich als Frau im Raum die einzige war. Ich habe die Situation gelöst, indem ich erstmal zugehört habe, ihre Bedenken ernst genommen habe und Schritt für Schritt Vertrauen aufgebaut habe. Am Ende konnten wir gemeinsam eine Lösung entwickeln, die wirklich zu ihrem Bedarf passte – und genau dieser Moment, aus Skepsis Vertrauen zu machen, war für mich die größte Bestätigung.
WIT: Wohin möchtest du dich zeitnah beruflich und persönlich weiter entwickeln?
Orli: Beruflich möchte ich mich langfristig in leitende Positionen entwickeln, in denen ich nicht nur Kundenprojekte begleite, sondern auch die strategische Ausrichtung von Unternehmen mitgestalten kann. Persönlich ist mir meine eigene Weiterbildung sehr wichtig – sei es fachlich, um immer am Puls der Zeit zu bleiben, oder persönlich, um mich weiterzuentwickeln und neue Perspektiven einzubringen.
WIT: Wer sind deine persönlichen oder beruflichen Role Models?
Orli: Ich hatte nie das eine Role Model, an dem ich mich komplett orientiert habe. Was mich geprägt hat, sind eher einzelne Eigenschaften von Menschen, denen ich begegnet bin – zum Beispiel Durchhaltevermögen, Mut, Dinge anders zu machen, oder die Fähigkeit, Menschen für eine Vision zu begeistern. Zwei ganz besondere Vorbilder sind aber meine Mama und meine Oma: Meine Mama hat immer gearbeitet, sich gleichzeitig liebevoll um uns Kinder gekümmert und immer an mich geglaubt. Und meine Oma war für mich eine starke Frau – sie hat schon in den 40er/50er Jahren als Textilingenieurin gearbeitet, ich habe viel Zeit mit ihr verbracht, und sie war immer liebevoll, weise und voller Vertrauen in mich. Dieses Vorbild von Stärke, Fürsorge und Glaube an mich begleitet mich bis heute. Am Ende geht es mir nicht darum, jemanden zu kopieren, sondern meinen eigenen Weg zu gehen – mit dem Besten aus all diesen Eindrücken.
Mir ist vor allem wichtig, anderen Frauen und Mädchen Mut zu machen. Man muss keine klassische Technikerin sein, um in dieser Branche erfolgreich zu arbeiten. Neugier, Lernbereitschaft und der Wille, auch mal gegen Widerstände seinen Weg zu gehen, sind mindestens genauso wichtig. Wenn ich das mitgeben kann, dann habe ich schon viel erreicht.
Vielen Dank für das Interview, Orli!




























