Wer sind Purple People? Warum gerade Quereinsteigerinnen in Data & AI so wertvoll sind
Künstliche Intelligenz lauert inzwischen hinter fast jedem LinkedIn-Beitrag, und Konferenzen sämtlicher Branchen diskutieren über Automation, Agentic AI und GenAI. Das Europäische Parlament schätzt, dass im Jahr 2025 weltweit rund 181 Zettabyte an Daten generiert werden (Europäisches Parlament, 2020). In Deutschland verzeichnen die Ausgaben für KI deutliche Wachstumsraten (Statista & Bitkom, 2023).
Doch wer in die Teams blickt, die an diesen Technologien arbeiten, sieht häufig ein ähnliches Bild: überwiegend Männer mit MINT-Hintergrund (t3n, 2023). Dieses Ungleichgewicht ist kein Geheimnis und zugleich eine verpasste Chance. Denn je diverser Teams sind, desto besser sind die Lösungen, die sie entwickeln (Institut für Weltwirtschaft Kiel, 2017). Genau an dieser Schnittstelle von Business und Technologie gibt es eine besonders spannende Rolle, die dringend mehr Frauen braucht: die sogenannten Purple People.
Das Konzept der Purple People wurde 2010 von Wayne Eckerson geprägt. „Red People“ sind demnach diejenigen, die über sehr gute analytische Fähigkeiten verfügen und vor allem in der IT oder technischen Bereichen arbeiten. Auf der anderen Seite stehen die „Blue People“ mit ihrem tiefen Business-Know-how, ihrem Prozessverständnis und ihrem Blick für Anwendungsfälle. Oft sprechen diese beiden Gruppen jedoch eine unterschiedliche Sprache. Studien zufolge scheitern mehr als 80 Prozent der KI- und Machine-Learning-Projekte, unter anderem aus diesem Grund (Rand Corporation, 2021). Wer beide Seiten versteht, wird sinnbildlich „purple“ und erhält die Superpower, als Übersetzer:in zwischen „Red“ und „Blue“ zu agieren (Kaplan, 2023).
Die Purple People sind nicht das einzige Bild, das die Bedeutung solcher Schnittstellenrollen unterstreicht:
- T-Shaped Professionals: Ursprünglich aus dem Design Thinking kommend, beschreibt dieses Konzept (The Independent, 1991), wie tiefes Fachwissen in einem Bereich (vertikale Linie des T) mit einem breiten Grundverständnis angrenzender Disziplinen (horizontale Linie) kombiniert wird. Ziel ist nicht, Expert:in in allem zu sein, sondern anschlussfähig in interdisziplinären Teams zu agieren.
- Business Translators: McKinsey & Company benennt diese Rolle insbesondere in KI-Projekten. Business Translators übersetzen Geschäftsbedarfe in technische Anforderungen und stellen sicher, dass ein Machine-Learning-Modell tatsächlich ein Geschäftsproblem löst und nicht nur ein technisches Experiment bleibt (McKinsey, 2018).
- Data Storytellers: In Data-Analytics-Stellenausschreibungen häufig erwähnt, verbinden sie analytisches Denken, Kommunikationsstärke und Businessverständnis. Ihre Aufgabe ist es, Daten so aufzubereiten, dass Entscheider:innen sie verstehen und sinnvoll nutzen können (SAP, 2023).
Alle diese Konzepte zeigen deutlich: Unternehmen benötigen mehr Menschen, die beides können. Genau hier liegt die große Chance für Frauen im Quereinstieg. Sie bringen oftmals bereits einen Teil des Purple-People-Profils mit. Aber warum sollten gerade Frauen diese Lücke schließen?
Inhaltsverzeichnis:
Mehr Mut zum Sprung wagen
Studien zeigen, dass Frauen sich häufig erst bewerben, wenn sie (nahezu) alle Anforderungen erfüllen. Männer hingegen bewerben sich auch dann, wenn sie nur einen Teil der Voraussetzungen mitbringen (Institut der deutschen Wirtschaft, 2019). Dieses Muster wird auch beim Quereinstieg in Data & AI deutlich. Frauen fokussieren sich zu sehr auf das fehlende Informatikstudium oder vermeintlich unperfekte technische Fähigkeiten. Gleichzeitig unterschätzen viele ihre Stärken aus dem Business-Bereich, obwohl genau diese Fähigkeiten mitentscheidend sind.
Kommunikationsstärke als Schlüsselkompetenz
Frauen und Männer kommunizieren unterschiedlich. Statistisch gesehen stellen Frauen häufiger Fragen und zeigen sich kompromissbereiter (momentum Institut für Rhetorik und Kommunikation v. Sydow & Hochreiter GbR, 2020). Genau diese Eigenschaften zeichnen Purple People aus: Komplexes verständlich machen, Teams zusammenführen und Brücken schlagen.
Diversität macht Lösungen besser
Data & AI entscheidet heute über die Kreditvergabe, die Erfolgschancen von Jobbewerber:innen und vielen weiteren Lebensbereichen. Wenn solche Systeme überwiegend von homogenen Teams entwickelt werden, drohen eindimensionale Entscheidungen und Bias. Mehr Frauen in Teams bedeutet: mehr Perspektiven, mehr Diversität, mehr Fairness und bessere Ergebnisse (Nicole Helmer in: Haufe, 2024).
Um eine Purple Person zu werden, ist der Aufbau technischer Grundkenntnisse wichtig. Schon kleine Schritte genügen: ein Einstieg in Programmiersprachen wie SQL, Python oder R oder erste Hands-on-Projekte mit Tools wie Power BI oder Tableau. Viele Unternehmen und Plattformen bieten dafür Schulungen an. Entscheidend ist nicht, sofort Deep Learning zu meistern, sondern eine solide Basis zu schaffen.
Der Austausch mit Kolleg:innen aus der IT, anderen Quereinsteiger:innen oder Mentor:innen beschleunigt den Lernprozess. Netzwerke wie Women in Tech e.V. bieten Mentorships, helfen beim Ausbau von Kontakten und stärken die Sichtbarkeit.
Statt sich über fehlende Tech-Skills zu definieren, sollten Frauen ihre Business-DNA als Stärke begreifen: Prozessverständnis, Zahlenlogik, Kommunikationsfähigkeit, Business-Sinn. Diese Kompetenzen sind kein Defizit in Bezug auf technische Stellen, sondern ein klarer Vorteil und sollten deshalb strategisch betont werden.
Purple People sind Brückenbauer:innen zwischen Business und Tech und damit unverzichtbar für erfolgreiche Daten- und KI-Projekte. Gerade Frauen bringen wertvolle Kompetenzen mit, die sie zu idealen Kandidatinnen für diese Rolle machen. Oft fehlt nicht das Können, sondern nur der Mut zum Schritt. Der Quereinstieg ist dabei kein Risiko, sondern eine Chance: für die Frauen selbst, für diversere Teams und für bessere Datenlösungen, die unsere Zukunft gestalten.
Images: Das Bild wurde KI-generiert.




























